Alexander Wohlfart über Henrik Ibsens „Ein Volksfeind“
Ja, schon wieder eine Analogie zu Corona – so könnte man sofort denken, wenn man Ibsens „Ein Volksfeind“ liest. Ein sturer, zu allem entschlossener Kurarzt legt sich mit seinem von Haus aus schon konträr denkenden Bruder, dem Bürgermeister an, um eine Schließung des mit verseuchtem Wasser betriebenen Kurbades des Heimatorts zu erwirken. Nun also wieder eine – vom entsprechendem Klientel so bezeichnete „Gesundheitsdiktatur“? Oder doch das Gegenteil: Wirtschaftlicher Erfolg auf Kosten der Gesundheit? Oder doch Durchsetzung von Recht und Ordnung? Oder eine Anleitung zu „Wie verändert sich die öffentliche Meinung?“; und wie verhalten sich die Medien? Am liebsten würde man (in jugendlicher Sprache ausgedrückt) „No Front“ sagen und entsprechend beschwichtigend gestikulieren…
Ibsens Drama – geschrieben vor 139 Jahren (!) – ist ein brutal aktuelles Lehrstück darüber, wie Gesellschaft insbesondere in Pandemiezeiten „funktioniert“ und wie einzelne Figuren im Spiel alles verändern können. Und nebenbei auch wieder ein super Beispiel dafür, wie aktuell gute Literatur immer ist und immer wieder sein kann…