Claudia Keup über Daniel Kehlmanns „Ruhm“ (2009)
Um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, ein gutes Buch zu lesen und zugleich eine geeignete Schullektüre für die 12.Klassen zu finden, stieß ich auf ein nicht mehr ganz neues, deshalb aber nicht weniger empfehlenswertes Buch: Daniel Kehlmanns Kurzgeschichtensammlung „Ruhm“.
Lässt man sich auf die einzelnen Geschichten Kehlmanns ein, kommt ständig das Gefühl auf, die jeweiligen Protagonisten wahlweise wachrütteln oder für ein Gespräch kurz zur Seite nehmen zu wollen, weil man als Leser zum Teil mehr weiß als die Figuren und zugleich mit diesen mitfiebert. Da gibt es beispielsweise einen berühmten Schauspieler, der durch eine Verwechslung mit einem Doppelgänger seine wahre Identität verliert und als Double seiner selbst zurückbleibt, ohne zu wissen, wie er damit umgehen soll. Oder eine Journalistin, die auf einer Lesereise in einem fremden Land zurückbleibt, weil sie aufgrund widriger Umstände nicht mehr nach Hause kann. Oder einen Familienvater, der ein Doppelleben führt, das trotz nahezu perfekter Organisation auffliegt…. Zusammenfassend also in mancher Hinsicht schräge Geschichten, die alle miteinander verbunden sind und Themen ansprechen, die jedermann kennt bzw. betrifft: Identität(ssuche), Verlorengehen im Alltag, Spiel-, Internetsucht, Eskapismus ….
Dass die Wahl dieses Buches auch als Schullektüre eine gute war, belegt folgende Tatsache: Eine Schülerin, die immer pünktlich zu Unterrichtsbeginn anwesend war – und das seit der 11. Klasse –, kam einmal zu spät und meinte, sie habe sich auf dem Weg zur Schule in der S-Bahn „verlesen“. Offensichtlich war sie so in eine der Geschichten Kehlmanns vertieft, dass sie ihre Station zum Umsteigen verpasste, dies erst zwei Stationen später bemerkte und entsprechend länger in die Schule brauchte.
Eine bessere Werbung für dieses Buch gibt es nicht!
Daniel Kehlmann: Ruhm.Ein Roman in neun Geschichten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2009